Heinrich Michel

Pfalzgrafenstraße 67

Heinrich Michel war Justizinspektor am Amtsgericht Ludwigshafen. Nach der Pogromnacht 1938 brachte man ihn für mehrere Wochen in das KZ Dachau. Im April 1942 wurde er zusammen mit seiner Ehefrau und einer seiner Töchter nach Izbica deportiert. Dort verliert sich seine Spur.

Biografie

Recherchen der Enkelin Judith Rhodes, Klasse 10a des Geschwister-Scholl-Gymnasiums und Informationen von früheren Freundinnen Ursula Michels

 

 

Heinrich Michel stammte ursprünglich aus einer jüdischen Familie in der Südpfalz, er wurde am 18. Juni 1885 in Oberlustadt geboren. Wann er nach Ludwigshafen kam, ist nicht bekannt. Im ersten Weltkrieg kämpfte er an der Front und erhielt das Eiserne Kreuz zweiter Klasse. Am 31. Juli 1921 heiratete er Ida Maria Gertrud Grün (Rufname Gertrud), die aus Berlin stammte und eine entfernte Cousine von ihm war. Die am 13. April 1893 geborene Gertrud hatte zwar eine jüdische Mutter, war aber selbst protestantisch wie ihr Vater. Die beiden hatten zwei Kinder, Ursula (geboren 1923) und Lilli (geboren 1927).

 

Heinrich Michel war als Justizinspektor am Amtsgericht Ludwigshafen beschäftigt. Er bezog mit seiner Familie eine Dienstwohnung in der Pfalzgrafenstraße 67 im Stadtteil Süd. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor Michel 1933 seine Stelle am Amtsgericht, obwohl er Weltkriegsteilnehmer war und damit eigentlich zunächst unter die Ausnahmeregelung des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ gefallen wäre. Allerdings erhielt er offenbar vorerst seine Bezüge weiter und durfte somit keine andere Arbeit annehmen.

 

In der Reichspogromnacht vom 10. November 1938 wurde die Wohnung der Familie Michel verwüstet. Die Familie flüchtete in das darüber liegende Stockwerk. Heinrich Michel wurde verhaftet und wie die meisten anderen männlichen Juden ins KZ Dachau verbracht. Mitte Dezember 1938 wurde er entlassen. Im Mai 1939 wurde er angewiesen, mit seiner Familie die Amtswohnung zu verlassen. Die vier zogen nach Mannheim. Im August schickten Heinrich und Gertrud Michel die älteste Tochter Ursula, damals 15 Jahre alt, mit einem Kindertransport nach England. Sie selbst versuchten, in die Schweiz zu fliehen, wurden jedoch an der Grenze zurückgewiesen. Im April 1942 schließlich wurden Gertrud, Heinrich und Lilli Michel aus Mannheim über Stuttgart nach Izbica deportiert. Eine letzte Nachricht an die Berliner Verwandten von Gertrud Michel trägt das Datum vom 2. August 1942. Die meisten der nach Izbica verschleppten jüdischen Menschen wurden in den Vernichtungslagern Belzec und Sobibor ermordet.

Der Stolperstein für Heinrich Michel wurde am 3. Mai 2010 vor dem Wohnhaus in der Pfalzgrafenstraße 67 verlegt. Ein weiterer Stolperstein für Heinrich Michel liegt seit dem 10. November 2017 vor seinem Arbeitsplatz am Amtsgericht in der Wittelsbachstraße.