Ein besonderer Abend
Am 27. Januar 2025 – dem 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz – hatte „Ludwigshafen setzt Stolpersteine“ zu einer besonderen Gedenkveranstaltung eingeladen: In den Räumen der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz wurde die Komposition „Fenster 1938“ von Jefferson Schoepflin uraufgeführt.
In einem einleitenden Beitrag berichtete Monika Kleinschnitger, die Sprecherin des Vereins, über das Schicksal von Rudolf Fetsch und dessen Familie. Rudolf Fetsch war Kapellmeister am Pfalzorchester, aus dem die Staatsphilharmonie entstanden ist. 1937 musste die Familie nach Japan flüchten. Nachbarn im Haus Lisztstraße 176 waren Anna und Siegfried Rothenberg. Dr. Rothenberg war Lehrer am humanistischen Gymnasium in Ludwigshafen. Nach seiner Entlassung gingen Anna und er nach Berlin. Sie mussten dort Zwangsarbeit leisten und wurden schließlich in Sobibor ermordet.
Im Zentrum der Veranstaltung stand die Aufführung der Komposition „Fenster 1938“ von Jefferson Schoepflin, dargeboten von einem Ensemble aus Streichquintett, Klarinette, Fagott, Celesta und Schlagzeug. Die Komposition besteht aus drei Sätzen, die musikalisch die Themen Kindheit, Verlust und Hoffnung aufgreifen und dabei die Symbolik der Kristallnacht und die Schicksale der Ludwigshafener Juden reflektieren:
1. Satz: Fenster nach Innen – nach Außen
Die Einleitungsmusik ist leise, jedoch leicht unruhig. Wir schauen durchs Fenster in ein Kinderzimmer. Die Musik ist einfach und unschuldig, jedoch beunruhigend. Dann schauen wir nach außen. Auf der Straße läuft eine Militärkapelle und spielt den „SS-Marsch.“ Der Satz wird mit der Anfangsmusik abgeschlossen.
2.Satz: Gebrochene Fenster
Der Satz fängt mit einer klagenden Erzählung vom Solofagott an. Dies wird vom Ensemble fortgesetzt. Dann schauen wir durchs Fenster auf ein Ost-Jüdisches Fest. Nach der Tanzmusik kommt das Klagelied wieder. Von der Ferne hören wir Trommeln und Aufregung, die Kristallnacht.
3.Satz: Zeitfenster
Der Schock und das Schrecken zwingen zu handeln. Die Möglichkeit zur Flucht wird genommen. Mit Ungewissheit und Trauer geht‘s nach Vorne mit der Hoffnung auf Leben und Freiheit.
Jefferson Schoepflin
Die etwa 150 Besucher quittierten den Vortrag der Komposition mit anhaltendem Applaus. Bei den vielen Gesprächen, die anschließend noch im Foyer geführt wurden, war man sich einig, einen besonderen Abend erlebt zu haben.