Rudolf Fetsch war Kapellmeister des Pfalzorchesters. Er galt als Halbjude und floh 1937 nach Japan. Im Jahr darauf folgten ihm seine Frau und der Sohn Wolfgang. Nach dem Ende des Krieges gingen sie von dort aus in die USA.
Recherchiert von Monika Kleinschnitger
Rudolf Fetsch wurde am 28. August 1900 in Ludwigshafen geboren. Seine Eltern waren August Ludwig Fetsch, Postexpeditor, und Hedwig, geborene Frank, beide katholischer Religion und zur Zeit seiner Geburt wohnhaft in der Jägerstraße 12. Acht Jahre später kam sein jüngerer Bruder Walter zur Welt, der später in der Bleichstraße 19 als Zahnarzt praktizierte. Beide Brüder wurden in der katholischen Kirche St. Ludwig in Ludwigshafen getauft.
Rudolf Fetsch schlug die Musikerlaufbahn ein und heiratete – inzwischen Kapellmeister beim Pfalzorchester – am 30. Juni 1923 die berufslose Hedwig Rosenstiel. Er wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Bleichstraße 19 und sie in der Mundenheimer Straße 251. Hedwig wurde am 8. November 1893 in Walsheim (bei Zweibrücken als Tochter von Maximilian und Mathilde geb. Siegel) geboren. Der gemeinsame Sohn Ulrich Wolfgang Fetsch kam am 8. Dezember 1923 in Ludwigshafen zur Welt.
Rudolf hatte eine hoffnungsvolle musikalische Karriere vor sich, die vor allem vom Leiter des Pfalzorchesters Generalmusikdirektor Professor Ernst Boehe gefördert wurde.
„Dem Schaffen der Jungen galt ein Komponistenabend, der verschiedene junge pfälzische Komponisten – darunter auch Rudolf Fetsch – zu Wort kommen ließ.“ (Das Pfalzorchester, April 1926)
1919 hatte in Landau ein Orchesterverein, bestehend aus Vertretern einiger pfälzischer Städte, Musikvereinen und privaten Förderern, das „Landes-Sinfonie-Orchester für Pfalz und Saarland“ gegründet. Nach der Inflation 1923 wurde daraus das „Pfalzorchester“ (heute die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz) mit Sitz in Ludwigshafen, das Ernst Boehe von 1920 bis zu seinem Tod 1938 leitete.
Ernst Boehe kannte die wachsende Not der Familie Fetsch und vermittelte mit Unterstützung von Klaus Pringsheim (der zu diesem Zeitpunkt aufgrund antijüdischer Maßnahmen aber bereits entlassen war und nach Thailand ging) „einen jüdischen Dirigenten aus Deutschland“ an die private Musik- und Opernschule Takarazuka, später dann nach Kobe. Klaus Pringsheim, gern gesehener musikalischer Gast des Pfalzorchesters und Zwillingsbruder von Katja Mann, wurde 1931 an das Konservatorium Tokio als Professor für Kompositionslehre und Kontrapunkt berufen.
Rudolf Fetsch erreichte 1937 Japan, Hedwig und Wolfgang konnten noch 1938 fliehen. Vom Novemberpogrom 1938 las Rudolf in der Zeitung und bat seinen Bruder Walter inständig nach Japan zu kommen, der allerdings erst im April 1939 ausreisen konnte. Rudolf und seine Familie nahmen Walter bei sich auf.
Zunächst war Rudolf wieder als Musiker und Komponist tätig – allerdings führte das deutsch-japanische Kulturabkommen auch hier zu Einschränkungen. So heißt es, dass der aus Deutschland vertriebene Komponist, Dirigent, Pianist Rudolf Fetsch für die deutsche Botschaft als einer der in Japan tätigen „Musiker deutscher Staatsangehörigkeit [galt], an deren Berufsausübung die Deutsche Botschaft kein Interesse hat“.
Alles änderte sich mit dem Kriegseintritt Japans im Jahr 1941. Die Familie hatte kein Einkommen mehr und ging entbehrungsreichen Zeiten entgegen: Ein Leben am Existenzminimum, Arbeitslosigkeit, schlechte Bezahlung und vor allem der Krieg. Bei Bombenangriffen mussten alle in die Berge fliehen oder sich ein Erdloch als „Bunker“ graben und darin Schutz suchen. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit verschimmelte alles, bis hin zu den Schuhen.
Nach Kriegsende mussten die Deutschen Japan verlassen. Die letzte Wohnadresse der Familie in Japan war Kobe-shi, Nada-ku, Takaha, Sumida 48 von dort erreichte sie am 18. Juli 1949 mit der SS Flying Sand die USA. Die Staatenlosen Rudolf, Hedwig und Wolfgang Fetsch stellten am 10. Februar 1950 in Denver, Colorado einen Einbürgerungsantrag. Rudolf starb am 30. Novenver 1974 und Hedwig am 25. Januar 1980 in Stockton, Kalifornien.
Seine Enkelin Anita Fetsch Felix wurde Geigerin. Sie selbst schreibt: „It strikes me that the single thing that saved the family was my Opa’s musical excellence.“
Der Stolperstein für Rudolf Fetsch wurde am 14. Mai 2018 vor dem Wohnhaus in der Lisztstraße 176 verlegt.