Ludwig Löser stammte aus Ludwigshafen. Schon in den 1920er Jahren machte er sich durch Erfindungen und sportliche Leistungen einen Namen. Als „Arier“ mit einer Jüdin verheiratet, erfuhr er jedoch bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten die ersten Repressalien. Trotz der zunehmenden Einschränkungen blieb er bei seiner Frau und unterstützte ihre Familie.
Recherchiert von Liz Schimanski
Ludwig Löser wurde am 27. September 1904 geboren. Seine Eltern waren Wilhelm Löser und Klara, geborene Egry. Ludwig war ein talentierter Ingenieur und Entwickler. Die von ihm erfundene elektrische Bandschleifmaschine wurde zur Basis seiner beruflichen Karriere. Auch im Sport war er in den 1920er Jahren wiederholt erfolgreich. Für den Turn- und Fecht-Club 1861 e.V. Ludwigshafen trat er bei den Volksturnmeisterschaften der Deutschen Turnerschaft 1926 in Düsseldorf an und wurde Deutscher Meister im 100-Meterlauf der Männer. Seine Teilnahme bei der Olympiade 1928 musste er aufgrund einer Verletzung zurückziehen. Bei den Meisterschaften der Deutschen Turnerschaft 1930 in Leipzig errang er den dritten Platz.
Als sich Ludwig Löser und Selma Eleonore Hochstädter sich am 29. September 1932 in der Pfarrkirche in Deidesheim das Jawort gaben, war ihre Welt noch in Ordnung. Die Zukunft schien vielversprechend: Ludwigs eigene Fabrik verbuchte erste Erfolge. Selma arbeitete in der von ihm gepachteten, später unter eigenem Namen geführten Firma mit. In den folgenden acht Jahren brachte Selma drei Kinder zur Welt, ihre Lebensumstände veränderten sich jedoch drastisch.
Schon bald nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 schloss der Turn- und Fecht-Club sein verdientes Mitglied Ludwig Löser als Ehemann einer Jüdin aus dem Verein aus. Er durfte nicht mehr an Wettkämpfen und auch nicht an Turnfesten teilnehmen. In den nächsten Jahren beeinträchtigten die Erlasse der Nazis das alltägliche Leben von Selma und Ludwig Löser immer mehr: Freunde und Bekannte zogen sich zunehmend aus dem Leben des Ehepaars zurück und ließen sie mit ihren Sorgen allein.
Trotz der zunehmend schwierigen Verhältnisse gründete Ludwig Löser am 1. Juli 1934 sein eigenes Unternehmen, die „Ludwig Löser Maschinenfabrik“ in Ludwigshafen. Ab 1936 bauten er in einem eigens dafür errichteten Gebäude einen Produktionsbetrieb für Holzbearbeitungsmaschinen auf. Seine Frau Selma verrichtete die Bürotätigkeiten, durfte sich jedoch ab 1938 nicht mehr im Betrieb zeigen. Als „jüdisches Unternehmen“ hätte Ludwig Löser seinen Betrieb sonst nicht länger selbstständig weiterführen können.
Vergeblich versuchte Ludwig, die Angehörigen seiner Frau Selma in seinem Haus zu verstecken und sie so vor der Deportation zu bewahren. Er musste miterleben, wie die Schwestern von Selma mit ihren Männern nach Gurs verschleppt wurden.
Ludwig Lösers Unternehmen galt als kriegswichtiger Betrieb. Deshalb konnte er in Ludwigshafen verbleiben, bis im Jahre 1943 ein Bombenangriff den Betrieb und den Privatbesitz der Familie völlig zerstörte. Schon vor dem Krieg hatte Ludwig ein kleines Bauernhaus mit zwei Zimmern und mehreren Schuppen in Ober-Scharbach bei Fürth im Odenwald erworben. Hierhin wurde die ganze Familie evakuiert. Das Leben war schwierig. Zeitweise lebten bis zu sechzehn Personen zusammen mit Ziegen und Schweinen auf dem Hof. Der steile Weg zum sechs Kilometer entfernte Bahnhof musste zu Fuß überwunden werden. Selma und Ludwig mussten ihre Kinder häufig in der Obhut einer Verwandten lassen, um für den Lebensunterhalt der großen Familie zu sorgen.
Dem Nazi-Terror entgingen sie jedoch auch in dem kleinen Ort nicht. Unter dem Vorwand, sie hätte einen Arbeitseinsatz verweigert, wurde Ludwigs Frau Selma im Winter 1945 verhaftet. Am 14. Februar deportierte man sie zusammen mit etwa 280 weiteren Personen mit dem Transport XII/10 in das Ghetto Theresienstadt. Ludwig hatte sich trotz des Drucks, der auf ihn ausgeübt wurde, die ganzen Jahre zu Selma bekannt und die Scheidung verweigert.
Ende Mai 1945 konnte Ludwig Löser nach Theresienstadt fahren und seine Frau nach Hause holen.
Ludwig Löser und seine Familie blieben bis 1949 im Odenwald. Ludwig wurde von den amerikanischen Besatzern zum Bürgermeister bestellt. In dieser Rolle setzte er sich aktiv für das Dorf ein und war anerkannt und beliebt. 1947 verstarb sein Vater. Seinen Sarg transportierte die Familie zur Bestattung nach Ludwigshafen. Dies brachte Ludwig auf die Idee, Kartoffeln in Särgen in die französische Besatzungszone nach Ludwigshafen zu schmuggeln, bis er eines Tages entdeckt und verhaftet wurde.
Nach 1949 siedelte die Familie nach Speyer um. Dort baute Ludwig Löser seinen Betrieb, eine Produktionsanlage von Handband-Schleifmaschinen, wieder auf. Das Produktportfolio wurde in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickelt, das Unternehmen ausgebaut. Es ist heute in den Händen der Enkelsöhne.
Ludwig Löser hat in den Nachkriegsjahren mit viel Energie- und Zeitaufwand Wiedergutmachungsprozesse angestrengt. Einige der wohlhabenden Verwandten von Selma aus Frankfurt konnten sich dem Naziterror durch Flucht in die USA, Kolumbien und Australien entziehen. Dort lebten sie nun teilweise verarmt, von der Hand in den Mund. Ihnen wollte Ludwig, teils erfolgreich, helfen, zumindest einen Teil ihres Vermögens zurückzuerhalten.
Ludwig Löser starb am 30. Dezember 1986.
Der Stolperstein für Ludwig Löser wurde am 9. September 2021 vor dem Wohnhaus in der Schützenstraße 32 verlegt.