Germana Pinkus

Zollhofstraße 11

Germana Pinkus wurde in Mailand geboren. Im Alter von wenigen Monaten musste sie Italien mit ihrer Mutter verlassen und wurde mit ihr von Ludwigshafen nach Gurs in Südfrankreich deportiert. Mutter und Tochter konnten wieder nach Italien fliehen. Dort wurden sie verhaftet und interniert. 1943 wurden sie durch den Einmarsch der allierten Truppen befreit.

Biografie

Recherchiert von Andreas Berlin

 

Germana Pinkus kam am 11. Juli 1940 als Tochter von Edith Pinkus in Mailand zur Welt. Am 26. August musste Edith Pinkus als „ausländische Jüdin“ mit der kleinen Germana Italien verlassen. Die beiden gingen zu Germanas Großvater Louis und Onkel Lothar nach Ludwigshafen in die Zollhofstraße 11.

 

Am Morgen des 22. Oktober 1940 wurden Louis und Edith Pinkus von SS-Leuten aufgefordert, ihre Koffer zu packen und sich im Hof der Maxschule einzufinden. Sie durften höchstens 10 kg Gepäck mitnehmen. Zusammen mit 177 anderen Ludwigshafenern wurden sie auf Lastwagen zum Bahnhof gebracht. Von dort ging der Transport in das Lager Gurs in Südfrankreich.

 

Edith Pinkus gelang im Dezember 1940 die Flucht aus dem Lager. Mit ihrer kleinen Tochter ging sie nach Nizza und versuchte, von dort wieder nach Italien zu kommen. Sie beantragte ein Visum, um ihre ältere Tochter Iris zu besuchen, die nach wie vor in Mailand lebte und dort die Schule besuchte. Die Einreiseerlaubnis wurde ihr verweigert.

 

Am 18. November 1942 wurde Edith Pinkus in der kleinen Ortschaft Tromello, etwa 30 km südwestlich von Mailand, von einer Einheit der italienischen Spionageabwehr festgenommen. Im Januar schrieb die Mailänder Präfektur in ihrem Bericht an das Innenministerium: „Es wurde festgestellt, dass die Pinkus in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai letzten Jahres [1942] von Nizza kommend illegal in das Land einreiste, um Carlo Novarese wiederzusehen, ihren Geliebten aus der Zeit, bevor sie aus dem Königreich ausgewiesen wurde. […] Pinkus und Novarese legten ein Geständnis ab, wobei Letzterer sich damit zu rechtfertigen versuchte, dass er zu der rechtswidrigen Tat veranlasst worden sei, um mit Pinkus und ihrer kleinen Tochter Germana, die am 11. Juli 1940 in dieser Stadt [Mailand] aus der unehelichen Beziehung hervorgegangen war, wieder zusammenzukommen.“

 

Edith und Germana Pinkus wurden in ein Internierungslager in Pisticci ganz im Süden Italiens geschickt. Am 29. Januar 1943 trafen sie dort ein. Vier Wochen später, am 1. März, brachte man sie in das nahe gelegene Dorf Colobraro, wo sie unter Aufsicht der Carabinieri in einer Art Hausarrest interniert wurden. Die Verbannung in den Süden Italiens rettete den beiden möglicherweise das Leben. Im Sommer 1943 landeten alliierte Truppen in Süditalien, Mussolini wurde gestürzt, und Anfang September wurden die Internierungslager aufgelöst. Währenddessen war in Norditalien die Wehrmacht einmarschiert. Von dort wurden noch Tausende Juden in die Vernichtungslager deportiert.

 

Edith und Germana Pinkus wohnten nach der Befreiung mindestens bis Anfang der 1960er Jahre in Montalbano Jonico, ganz in der Nähe von Colobraro. Später lebte die Familie in Arona am Lago Maggiore. Edith Pinkus starb im Jahr 1982. Germana Pinkus hat einen Sohn und eine Tochter. Sie lebt heute (2022) wieder im Süden Italien, in Nova Siri in der Provinz Matera.

Der Stolperstein für Germana Pinkus wurde am 11. Oktober 2022 vor dem Haus in der Zollhofstraße 11 verlegt.