Siegfried Rothenberg

Lisztstraße 176

Dr. Siegfried Rothenberg war Lehrer in Ludwigshafen. Nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst ging er mit seiner Ehefrau Anna nach Berlin. Dort musste er ab 1941 Zwangsarbeit leisten. Von Berlin aus wurden die beiden 1942 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.

Biografie

Siegfried Rothenberg (geboren am 24. August 1881), Sohn des Kaufmanns Emil Rothenberg (1853–1934) und Fanny, geb. Karpf (1858–1913), verbrachte in Nürnberg seine Kindheit und Jugend und besuchte dort die Kreisrealschule und später das Realgymnasium. Er studier­te ab 1901 Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule München, und an der Universität Berlin, und schloss 1903 mit der Lehramtsprüfung für Mathematik und Physik ab, 1908 wurde er promoviert.

 

Seine Lehrerqualifikation erwarb er 1905 mit der Prüfung zur Eignung als Lehrer für die humanistische und technische Mittelschule. Von 1907 bis April 1909 war Siegfried Rothenberg Lehrer an der neu gegründeten Handelsrealschule in Jerusalem, einer Privatschule, die dem Hilfsverein der deutschen Juden unterstand. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete er ab 1909 an der Israelitischen Realschu­le in Fürth. Ab 1912 unterrichtete er an der Kgl. Ludwigs Kreisrealschule in München und ab 1913 galt er mit seiner Anstellung als Lehrer an der Realschule in Neustadt an der Wein­straße als „etatmäßiger bayrischer Staatsbeamter.“

 

Er heiratete Anna Hiller und Anfang der 1930er Jahre lebten die Eheleute in Ludwigshafen in der Lisztstraße 176. Seit Mai 1922 unterrichtete der zum Studienprofessor beförder­te Dr. Siegfried Rothenberg am humanistischen Gymnasium (heute Theodor-Heuss-Gymnasium). 1934 wurde Siegfried Rothenberg auf Basis des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeam­tentums“ durch einen neuen Schul­leiter, der die Entlassung von Lehrkräften mit jüdischer Herkunft forcierte, entlassen und im Oktober 1935 – gesundheitlich bereits angeschlagen – in den Ruhestand versetzt.

 

Die Eheleute lebten dann kurzzeitig in Berlin und zogen im Juli 1936 nach Hamburg. Hier wohnten sie in der Brahmsallee 8 in einer Erdgeschosswohnung zur Untermiete. Bereits Ende Juli 1936 oder Anfang August 1936 gingen sie zurück nach Berlin-Wilmersdorf. Die Gründe für den kurzzeitigen Aufenthalt in Hamburg und die Rückkehr nach Berlin sind nicht bekannt. In Berlin wohnten Siegfried und Anna Rothen­berg bis mindestens 1941 in Wilmersdorf.

 

Im Dezember 1938 hatte der Chef der Arbeitsverwaltung Friedrich Syrup reichsweit Richtlinien für einen zwangsweisen Arbeitseinsatz von Juden in gesonderten Kolonnen erlassen. Die Arbeitsämter vor Ort wiesen die Tätigkeiten zu und meldeten vermeintlich „Arbeitsscheue“. Am 22. August 1941 beantragte der 60-jährige Siegfried Rothenberg eine Auswanderungsgenehmigung. Zu spät, denn der NS-Staat war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Vertreibung zur Deportation der Juden übergegangen. Zudem war das Vermögen von Juden bereits gesperrt und die kontingentierte Einreise in andere Staaten durch den Krieg massiv eingeschränkt. Siegfried Rothenberg soll 1941/1942 in Berlin zu Zwangsarbeit verpflichtet gewesen sein. Am 13. Juli 1942 wurden die Eheleute Rothen­berg von Berlin aus ins Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen deportiert. Von April 1942 bis Herbst 1943 wurden dort mindestens 250.000 Menschen ermordet; Ende 1943 wurde das Lager abgerissen, um auch die Spuren der Massenmorde zu vernichten, unter den Opfern befanden sich Anna und Siegfried Rothenberg.

Der Stolperstein für Dr. Siegfried Rothenberg wurde am 14. Mai 2018 vor dem Wohnhaus in der Lisztstraße 176 verlegt. Ein weiterer Stolperstein liegt seit dem 14. Oktober 2022 vor dem Arbeitsort Theodor-Heuss-Gymnasium in der Freiastraße.