Dr. Ernst Steckelmacher war Rabbiner in Bad Dürkheim und Ludwigshafen. Im Oktober 1940 wurde er gemeinsam mit seiner Ehefrau Vera nach Gurs deportiert. Von dort aus kam er nach Drancy und schließlich nach Majdanek, wo er 1943 ermordet wurde.
von Wilhelm Kreutz
Ernst Steckelmacher wurde am 13. Juni 1881 in Mannheim als ältester Sohn des Stadtrabbiners Dr. Moritz (Mosche) Steckelmacher (1851-1920) und seiner Ehefrau Bianca (1859-1928) geboren.
Nach seinem Studium, seiner Promotion über Immanuel Kant und seiner Rabbinerausbildung in Breslau wurde er im Dezember 1909 zum Rabbiner des Bezirksrabbinats Dürkheim-Frankenthal mit Sitz in Bad Dürkheim gewählt. Im Mai 1935 verlegte er seinen Amtssitz – nach ersten Anfeindungen im Kurort – nach Ludwigshafen, zumal viele pfälzische Juden ihre kleinen Heimatgemeinden verließen und in der Anonymität der schnell gewachsenen Industriestadt Zuflucht suchten.
Der Terror des Pogroms vom 9./10. November 1938 verschonte auch den Rabbiner und seine Ehefrau nicht. Am Morgen des 10. November drangen SA-Leute in die Wohnung in der Bayernstraße ein und verwüsteten sie. Am Abend wurde Ernst Steckelmacher – unter dem fadenscheinigen Vorwand, in seiner Wohnung habe sich ein Revolver befunden – wie viele seiner Glaubensgenossen verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau verbracht. Von dort kehrte er am 13. Dezember 1938 krank und entkräftet zurück, und die Familie bezog ihre neue, ihre letzte Wohnung in Ludwigshafen in der Bismarckstraße 54.
Am 22. Oktober 1940 wurde das Ehepaar Steckelmacher ins Internierungslager Gurs deportiert, wo Ernst Steckelmacher unter widrigsten Umständen versuchte, sein Rabbineramt fortzuführen. Aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit erfolgte am 20. März 1941 die Verlegung des Ehepaars nach Récébédou, ein als „camp hôpital“ bezeichnetes Lager südlich von Toulouse, wo vor allem alte und kranke Juden untergebracht wurden. Während Frau Steckelmacher von August 1942 bis Februar 1943 im Krankenhaus von Toulouse stationär behandelt wurde, erfolgte die Schließung des Lager Récébédou und die Verlegung aller Insassen ins nahegelegene Lager Noé und damit die Trennung von seiner Frau, die er zuvor häufig im Krankenhaus besucht hatte.
Durch diese Trennung und seine immer schlechtere Gesundheit – in Noé kam er in die Baracke der „dangereux malades“ (der an gefährlichen Krankheiten Leidenden) – verlor Ernst Steckelmacher seinen Lebensmut. Ende Februar wurde er schließlich einem Transport nach Drancy zugeteilt, da die Franzosen in den Lagern nur 98 – statt der von den Deutschen angeforderten 100 – arbeitsfähigen Männer vorfanden. So ergänzte man den Transport kurzerhand durch zwei Schwerkranke, darunter Ernst Steckelmacher, der mittlerweile wieder nach Gurs verlegt worden war.
Von Drancy aus konnte Ernst Steckelmacher seine ahnungslose Frau mittels einer Postkarte, einer „Abschiedskarte“ – so Vera Steckelmacher – informieren. Vom französischen Sammel- und Durchgangslager aus wurde der Rabbiner am 6. März 1943 ins Vernichtungslager Lublin-Majdanek deportiert, wo er am 8. März eintraf. Der schwerkranke Mann wurde wohl kurz nach seiner Ankunft – wenige Wochen vor seinem 62. Geburtstag – ermordet.
Der Stolperstein für Dr. Ernst Steckelmacher wurde am 25. Oktober 2020 vor dem Wohnhaus in der Lisztstraße 115 verlegt.